****       Sapere aude!        ****        
                 
Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
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Es gibt Insekten, die als sogenannte "Ur-Insekten" in ihrer gesamten Entwicklungsgeschichte nie über Flügel verfügten. Andere heißen Eintagsfliegen und leben tatsächlich auch nicht viel länger als ihr Name besagt. Die Flöhe seien freundlich hervorgehoben, da sie sich in ihrer Possierlichkeit für zirzensische Spiele eignen. Oder denken wir an die Schaben, die das Restaurant-Essen genauso lieben wie wir und aus den dortigen Küchen nicht wegzudenken sind. Oder an die Pflanzenläuse (Blattläuse), die gar keine Läuse sind und mit unserem Blut weder etwas anfangen können noch wollen. Dafür aber die Tierläuse, die sich wie die meisten der hier Genannten vergeblich um unsere Zuneigung bemühen. Sie alle bilden ebenso wie die Schlammfliegen, die Kamelhalsfliegen, die Staubläuse, Netzflügler, Ohrwürmer und Termiten jeweils eigene Insekten-Ordnungen. Diese sind zumeist recht arm an Arten und werden, weil arm, selten so gewürdigt und von unserer Tierliebe getragen, wie es die Gerechtigkeit erfordert. Ob Laus, ob Küchenschabe, ob Ohrwurm oder Floh, als Teil der Natur verdienen sie wie der mit Exkrementen gedüngte Salat oder das Huhn, das auf dem Misthaufen groß werden durfte, das Bio-Siegel.


a Die Skorpionsfliege, Panorpa communis, aus der Ordnung der Schnabelfliegen ist eine von 5 der in Deutschland heimischen Arten, und zugleich die häufigste. Die Männchen tragen ein verdicktes Genitalsegment am Hinterleib, das, nach oben gekrümmt, ein wenig an den Stachel eines Skorpions erinnert. Dieses Tier hier kaut gerade an einem Insekt, verachtet aber auch Pflanzenkost nicht.

b Sicher nicht gerade häufig zu beobachten: Herr und Frau Skorpionsfliege bei der Paarung.

c Eine Kamelhalsfliege, vermutlich Gattung Raphidia. Die Kamelhalsfliegen bilden eine eigene Insekten-Ordnung. In Mitteleuropa leben gerade einmal 16 Arten. Die kleinen Räuber mögen vor allem Blattläuse.

d Eine Schlammfliege, Gattung Sialis. Die Schlammfliegen bilden ebenfalls eine eigene Ordnung innerhalb der Insekten, in Europa mit etwa 10 Arten, die alle der genannten Gattung angehören.


a Wiederum eine eigene Ordnung ist die der Eintagsfliegen. Sie schlüpfen mit verkrüppelten Mundwerkzeugen. Nur um Sex geht es bei ihnen, auf dass alsbald der Tod sie hole. Je nach Artzugehörigkeit besiedeln die Larven Bäche, Flüsse oder auch stehende Gewässer. Ephemera vulgata heißt das abgebildete Tier. Der Freund und Kollege Dr. Udo Jacob, einer der wenigen Spezialisten auf diesem Gebiet, hat's mir gesagt.

b  In Europa gibt es 370 Arten von Eintagsfliegen. Manche haben 3 Schwanzanhänge, andere, wie die hier im Bild, nur 2. Zusammen mit den Libellen gehören die Eintagsfliegen zu den urtümlichsten der geflügelten Insekten. Während alle anderen Insekten nur ein einziges Vollreifestadium (Imago) heranbilden, gibt es bei den Eintagsfliegen deren zwei. Das Vorstadium, die Subimago, verfügt bereits über Flügel.

c Da hat jemand ein Ei gelegt, ein lang gestieltes.

d Es stammt von einer Florfliege (Gattung Chrysopa) wie dieser hier. In Mitteleuropa gibt es 35 Arten. Die Larven, die "Blattlauslöwen", werden als Blattlaus-Vertilger geschätzt. 


a Wer anderen eine Gruppe gräbt, kann durchaus ein Verwandter der vorgenannten Art sein, nämlich die zu der Ordnung der Netzflügler gehörende Ameisenjungfer. Am Boden des Sandtrichters lebt deren Larve, der "Ameisenlöwe".

b Ameisenlöwen buddeln ihre Fangtrichter selbst. Sie lauern an der Trichterspitze auf Insekten, die auf der Schräge ins Rutschen geraten. Erforderlichenfalls hilft der Ameisenlöwe nach, indem er mit Sand schmeißt. Im Bild hat eine Ameise daran glauben müssen.

c Ausgebuddelt sieht das Tier sehr abenteuerlich aus, potthässlich gar.

d Und es tut gut daran, sich schnell wieder einzubuddeln.


a Blattläuse. Mit den Tierläusen, so z. B. den dem Menschen zugeneigten Kopf-, Kleider- und Schamläusen, haben diese hier nichts gemein. Blattläuse gehören zusammen mit den Schildläusen und den Blattflöhen zur Ordnung der Pflanzenläuse und sind ausschließlich Pflanzensauger. Dazu bohren sie ihren Saugrüssel in das Pflanzengewebe, bis sie auf eine der Siebröhren stoßen. Deren Saft ist sehr zuckerhaltig. Den Zuckerüberschuss ("Honigtau") scheiden die Tiere aus.

b Darüber freuen sich die Ameisen. Sie betrillern die Blattläuse, damit sie ihren süßen Seim abgeben. Und die Blattläuse hinwiederum mögen die Ameisen, weil sie von ihnen beschützt und erforderlichenfalls auf andere Nährpflanzen übertragen werden. 

c Eine Schildlaus, deren Körper mit Wachsstäbchen bedeckt ist: die Röhrenschildlaus Orthezia urticae. Typischer Aufenthaltsort sind Brennnesseln in schattigen Wäldern.

d Abgezupft sieht das Tierchen so aus.

e Eine Schabe, die niemals in Küchen anzutreffen ist: die Gemeine Waldschabe (Ectobius lapponicus). An Waldrändern im Gebüsch, bei uns überall häufig. Die Schaben bilden mit weltweit etwa 4600 Arten eine eigenständige Insektenordnung, in Mitteleuropa leben 15 Arten.

f Forficula auricularia, ein Tierchen als Repräsentant einer eigenständigen Insekten-Ordnung (Dermaptera) mit etwa 1800 Arten (Mitteleuropa 7). An deren deutschem Namen "Ohrwürmer" stimmt aber rein gar nichts. Zum einen ist es kein "Wurm", sondern ein Insekt mit den für diese Tierklasse üblichen 6 Beinen, zum anderen hat es mit Ohren nichts im Sinn. Nur eben dass das Tier, pulverisiert, früher gegen Ohrenkrankheiten und Taubheit eingesetzt wurde. Etwa so wie heute, wenn in gewissen Läden  Casein für den "Muskelaufbau" gekauft wird. Ohne dass sich für diese Art von Heilsversprechen der Staatsanwalt interessiert. Machen Sie's wie ich: im nächsten Leben "Nahrungsergänzungsmittel" verkaufen!