Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
Zypern
– eine Insel in der Nordost-Ecke des Mittelmeers. Warm und grün ist sie, wenn es bei uns zuhause schneit. In den 70er Jahren versuchten Putschisten, die Insel Griechenland zuzuschlagen, die Türkei konterte 1974 mit der Besetzung, und seitdem ist Zypern politisch in Süd und Nord geteilt. Wie eist Deutschland in West und Ost.
Mit der Wohlfahrt der Teilstaaten sieht es ähnlich aus, wenngleich Nordzypern weit besser dasteht als seinerzeit Deutschlands Osten. Und wirklich, ein DDR-Bürger in das heutige Nordzypern verfrachtet, würde glauben, im Westen zu sein: Autos über Autos, höchst ausnahmsweise ist mal ein Motorrad zu sehen und fast nie ein Fahrrad. Die Häuser sind bestens in Schuss, überall Neubauten, und diese sind oft viel geschmackvoller als die im heutigen Deutschland. Noch etwas ist anders: Die Fassaden, Bänke, Pfeiler sind frei von Schmierereien. Zurück in Deutschland, und man ist ob der allgegenwärtigen Sudelei entsetzt. Wohlgeduldete Schmierfinken, junge Leute mit Null-Leistung und blasiertem Anspruchsgehabe.
Ebenfalls anders: die Natur. Mediterran eben. Urlaubsreisen werden geradezu sündhaft billig angeboten.
Blick von der Burg St. Hilarion im Kyrenia-Gebirge auf die gleichnamige Hafenstadt.
a Reste der Burg St. Hilarion hoch droben auf einer Felsklippe. Im 9. und 10. Jahrhundert wurde hier ein nach dem Einsiedler St. Hilarion benanntes Kloster errichtet. Später als Burg ausgebaut, erlebte der Ort eine ausgesprochen wechselvolle Geschichte. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Burg von den Venezianern geschleift.
b Eine Augenweide nur für Ornithologen: die Blaumerle. Mit den Schnäppern verwandt, erinnert der Vogel eher an eine Drossel. Für die Blaumerle liefern die Burgruinen ein ideales Brutgebiet. Sie kommt in den Gebirgen des südlichen Europas vor, bis hin zu denen des nördlichen Afrikas.
c Hier findet sich auch die Zyprische Sternhyazinthe (Chionodoxa lochiae). Sie erinnert an einen Blaustern der Gattung Scilla, wie er bei uns in Gärten und Parks kultiviert wird, ist aber eine für Zypern endemische Art.
d Und was blüht da, gar nicht mal so selten anzutreffen? Ein Schein- oder Sand-Krokus, Romulea bulbocodium (auch R. clusiana genannt).
e Das Zyprische Alpenveilchen (Cyclamen cyprium), endemisch für die Insel und zugleich deren Nationalblume.
f Schmuckflechten der Gattung Caloplaca sind überall in der Macchie zu sehen.
a Der Hafen von Kyrenia. "Malerisch" – wie oft hört man den Ausdruck, auf diesen Ort trifft er ganz besonders zu. Im Hintergrund die mächtige Burg.
b Überall an deren Mauern ist das auch sonst auf Zypern häufige Bilsenkraut zu finden (Hyoscyamus aureus). Ein giftiges Nachtschattengewächs, das als Bestandteil von "Hexensalben" einen zweifelhaften Ruhm erlangt hat.
c Blick auf den moderneren Teil Kyrenias.
d Nicht nur Zypern insgesamt, auch die Hauptstadt Nikosia ist in einen Nord- und einen Südteil getrennt. Wer von hier nach da will, muss sich am Grenzposten ausweisen können.
e Pralles Leben
f Immer gern gesehen: Touristen, die auch mal mit anpacken.
Nicht etwa die revitalisierte Akropolis, sondern das Kaya Artemis Hotel im Nordosten Zyperns am Fuße der Karpaz-Halbinsel. Einfach prachtvoll, und jeder Gast fragt sich, wie sich eine solche Anlage finanziert.
a Ebenfalls reizvoll, aber ganz anders.
b Die Kronen-Anemone (Anemone coronaria) blüht in Rot und in Weiß.
c Anemonen auch in Gelb? Nein, es handelt sich um den Asiatischen Hahnenfuß Ranunculus asiaticus.
d, e Im zeitigen Frühjahr überall häufig anzutreffen, die Alraune (Mandragora autumnalis). Ihrer an einen Menschen erinnernde zweigeteilte Wurzel wegen genießt die Alraune bis heute einen Ruf als Zaubermittel. Wie alle Nachtschattengewächse enthält sie giftige Alkaloide, denen in geringer Konzentration die Wirkung von Schmerz- und Schlafmitteln nachgesagt wird.
f Gelegentlich sind Ansammlungen von Raupen des Pinien-Prozessionsspinners (Thaumetopoea pityocampa) zu finden. Mit nesselnden Haare bewehrt, lösen sie bei Kontakt eine Raupen-Dermatitis aus.
a Im Westzipfel Türkisch-Zyperns die Reste der Basilica von Soli. Der Basilica-Boden wurde erst 1966 von kanadischen Wissenschaftlern freigelegt. Die Stadt Soli war im Altertum wegen der dortigen Kupferminen sehr bedeutend.
b Besonders schön die Tiermosaike.
c Das Gymnasium von Salamis, in römischer Zeit auf den Resten eines hellenistischen Sportpalastes errichtet. Hier ertüchtigte sich einst die Elite der Männerwelt und disputierte über philosophische und politische Fragen.
d Die einstige Kathedrale St. Nikolaus, heute Famagustas Hauptmoschee mit dem Namen Lala Mustafa. Alle menschlich figurenhaften Ornamente und Gegenstände wurden entfernt und die Glasfenster zerschlagen, doch der Erhabenheit der gotischen Architektur konnte dies nichts anhaben.
e In Nähe des nordwestlichen Kaps Kormakiti nach Osten geblickt. Von Macchie überwucherte Hänge.
f Hier locken wie an so vielen anderen Stellen neu erbaute Ferienhäuser.
a, b, c Kleinwüchsige Knabenkraut-Arten (Gattung Orchis) finden sich bereits Anfang Februar.
d Die Weinbergs-Hyazinthe (Muscari neglectum), wie sie auch in den wärmeren Gegenden Deutschlands wächst, wenngleich erst später im Jahre.
e Eine Haubenlerche. Rasch drehend buddelt sie sich eine Mulde in den Sand, um sich dann - wer hat das je gesehen?! - darin zu wälzen.
f Wenige Meter entfernt ein Schwarzkehlchen.
Ein Skolopender (Scolopendra cingulata). Gerade noch hatte er es sich unter einem Stein gemütlich gemacht, und nun, aufgedeckt, bleibt er erst mal ruhig liegen. Wegen ihrer Giftklauen sind die Skolopender wie alle ihre Verwandten, die Hundertfüßer, gefürchtet.