****       Sapere aude!        ****        
                 
Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
____________________________________________________________________________________________________________________________________________

Tatsächlich, während der tristen Jahreszeit ist in unserer Natur ohne Moos nicht viel los. Dennoch guckt kaum einer genauer hin, wenn es da im winterlichen Grau irgendwo grünt. Weltweit gibt es um die 25 000 Moos-Arten, bei uns etwas mehr als 1000. Man findet diese Arten aber auch anderswo, weil die winzigen Moos-Sporen vom Wind bis in die Stratosphäre und daher in die ganze Welt verdriftet werden.


a Ceratodon purpureus, Purpurnes Hornzahnmoos. Eines der häufigsten Moose überhaupt. für Mauerritzen genauso typisch wie für offene Heideflächen und von Afrika bis nach Sibirien heimisch.

b Noch häufiger allerdings ist das Zypressen-Schlafmoos (Hypnum cupressiforme). In Wäldern bildet es ausgedehnte Lager auf dem Boden, aber auch an Bäumen. Und je nach Standort und Feuchtigkeit sieht es sehr unterschiedlich aus.

c Syntrichia ruralis, Erd-Bartmoos, gut kenntlich durch das lange Glashaar an der Blattspitze, das ein Austrocknungsschutz sein soll. Findet sich dementsprechend auf sonnenbestrahlten Böden, aber auch in Schluchtwäldern und auf feuchten Felsen.

d Trägt ebenfalls ein Glashaar, das Glashaartragendes Widerton- oder Frauenhaar-Moos,  Polytrichum piliferum. Typisch für sonnenbeschienene Sandflächen und Wegränder. Hier die leuchtend roten "Blüten" männlicher Pflanzen, Antheridien genannt. In diesen schüsselförmigen Gebilden werden begeißelte, spermienähnliche Geschlechtszellen gebildet, die, wenn durch Regentropfen verspritzt, auf weibliche Moospflanzen gelangen, wo sie dann die Ehe vollziehen.



a Eine verwandte Art (Polytrichum formosum, Schönes Widerton- oder Frauenhaarmoos) ist in Laub- und Nadelwäldern häufig. Die männlichen "Blüten" sind hier grün (Bild oben rechts). Aus einer weiblichen "Blüte", dem Archegonium, sprosst nach Befruchtung ihrer Eizelle der mit einer Haarmütze verkleidete Sporenträger heraus, das Sporogon (Bild darunter).

b Das Gewellte Katharinenmoos (Atrichum undulatum), typisch für lehmige Waldböden.

c Ebenfalls quergewellte Blätter hat das Wellige Sternmoos, Plagiomnium (Mnium) undulatum. Auf feuchten, schattigen Waldböden.

d Im selben Biotop findet man verwandte Arten: hier das Spieß-Sternmoos, Plagiomnium (Mnium) cuspidatum. Die mikroskopischen Ausschnitte lassen die Zellstruktur erkennen, rote Pfeile zeigen auf Saumzellen. Die kleinen grünen Kügelchen innerhalb der Zellen sind die Chlorophyll enthaltenden Plastiden. Es sind biochemischen Künstler, die das Antlitz unserer Erde gestaltet und Tier wie Mensch erst ermöglicht haben: Sie zaubern aus Kohlendioxid und Wasser Zucker (Photosynthese).

a Details zur vorigen Abbildung: (a) Polster aus den 12 cm hohen Pflänzchen; (b) die Zellen tragen eine kleine Warze; (c-e) die für die Art typischen spitzenständigen Brutsprosse. Sie dienen der vegetativen Vermehrung.

b Das Sparrige Kranzmoos ("Runzelpeter", Rhytidiadelphus squarrosus), das von der Ebene bis zur Baumgrenze auf besonnten, feuchten Plätzen wächst.

c Details: Typisch für Rhytidiadelphus sparrosus sind die abwärts gebogen Blättchen, deren Spitzen fein bezahnt sind. Die Sporenträger (Sporogone; b) haben einen spitzkegeligen Deckel, werden aber oft gar nicht ausgebildet.  

d Samt-Kurzbüchsenmoos (Brachythecium velutinum) bildet über Erde, Wurzeln und auch Steinen lockere, schleierartige Rasen.



a Das Echte Sternmoos (Plagomnium [Mnium] stellare) mit den großen, länglich spitzen Einzelblättchen. Das mikroskopische Insert zeigt, dass der Blattrand im Unterschied zu den anderen Arten der Gattung nicht durch besondere Zellen gesäumt ist (roter Pfeil; vgl. die Abb. links).

b Das Besenförmige Gabelzahnmoss (Dicranum scoparium), das auf Waldböden schöne Rasen bildet. Die Einzelpflanze ist oft einseitswendig.

c Das Polster-Kissenmoos (Grimmia pulvinata) bildet kleine, wegen seines langen Glashaares grausilbrig schimmernde Pölsterchen. Man findet sie nie auf der Erde, regelmäßig aber auf stark besonnten Steinen.  

d Das Zwittrige Streifensternmoos (Aulacomnium androgynum) bildet dunkel- bis hellgrüne Pölsterchen auf Rinde oder auf feuchtem Boden und ist eher im Tiefland zu Hause.

e und f Drehmoos (Funaria hygrometrica), häufig zwischen Kopfsteinpflaster, in Mauerritzen und auf holzkohlehaltigen Brandstellen und weltweit verbreitet. Auffällig ist die lange gedrehte Seta, die die schief birnenförmige Sporenkapsel trägt. Je nach Luftfeuchtigkeit dehnt sie sich aus oder zeiht sich zusammen, daher der Artname. Wurde früher tatsächlich als Hygrometer benutzt.  


a Das Haar-Birnmoos (Bryum capillare). Die Form der Sporogone gab der Gattung den deutschen Namen 'Birnmoos', die Bezeichnung "Bryologie" für Mooskunde hingegen geht auf griech. 'brýon Moos' zurück. Das Haar-Birnmoos ist häufig an feuchten Mauern anzutreffen und gilt gegenüber Luftverschmutzung als widerstandsfähig.

b Das Gewellte Plattmoos (Plagiothecium undulatum) fällt durch die weißlich grüne Färbung seiner flachgedrückten Sprosse auf. Wächst auf dem sauren Humus unserer Fichtenwälder.

c Pohlia cruda, Glänzendes Pohlmoos, im Bergland einigermaßen häufig; hier in Felsspalten oder auf Erdwällen. Im Bild rechts oben ist die Kapsel längs aufgeschnitten und lässt einen urnenförmiges Gebilde, die Theka, erkennen, in der die Sporen gebildet werden.  

d Eines unserer schönsten Moose, das TamariskenThujamoos (Thuidium tamariscinum), kommt in schattigen, feuchten Wälder vor. Seine Zweige ähneln denen des Lebensbaumes, daher der Name.


a Grimmia pulvinata (Polster-Kissenmoos). Allerwelts-Moos, sehr häufig an sonnenbeschienenen Stellen, auf Mauern, Gesteinsschutt und dgl. 

b Wer kann helfen: Coscinodon cribrosus?

c Lophocoela heterophylla, das Verschiedenblättrige Kammkelch-Lebermoos. Es gehört zu der Gruppe von Lebermoosen, die wie die vorstehenden Laubmoose in Stämmchen und Blätter gegliedert sind, Jungermanniales genannt. Die Art kommt an Bäumen vor, meist auf nacktem (Nadel-)Holz.

d Metzgeria furcata (Gegabeltes Igelhaubenmoos) als Beispiel für thallöse Lebermoose, die mehr oder weniger breitflächig dem Untergrund aufliegen und nicht in Stamm und Blätter gegliedert sind.