****       Sapere aude!        ****        
                 
Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
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Kalt und regnerisch, das ist das Klischee, und so war es auch, zumeist. Gerade einmal knapp 330 000 Einwohner bewirtschaften das Land, und das mit denkbar großem Erfolg. Strom aus Wasser und Erdwärme macht ihn billig, damit auch die Aluminium-Produktion. Dazu kommen Fischfang und fischverarbeitende Industrie, hier und dort laufen Schafe herum, immer ohne Hüter, die Kühe in den Ställen werden von Robotern betreut und auch gemolken. Die Lebenszufriedenheit der Bürger liegt im OECD-Vergleich mit 7,6 deutlich über dem OECD-Durchschnitt (6,6). In die EU wollten sie mal, nun aber nicht mehr. Sie haben ihre Gründe. Jede Hand wird gebraucht und wie selbstverständlich auch gereicht. Müßiggang sieht man gerade mal bei uns Touristen. Der Eindruck, den derselbe von den Menschen dieser Insel erhält, mag unzureichend sein, durchgehend aber bestand er für uns darin, dass die klassischen Tugenden hier noch gelten. Ein Beispiel: Mehrfach hatten wir, weil versehentlich zu viel abgehoben, unsere Unterkunft in bar bezahlt. Und bekamen keine Quittung. Beim ersten Mal noch fragten wir danach, später nicht mehr. Denn wir wurden peinlich berührend angeschaut, als fehle es uns an Vertrauen.  Für Deutschlands Verhältnisse undenkbar.

Ein ganz besonderer Grund, das Land zu bereisen, ist dessen Natur.

a 100 000 qkm sollten umrundet und auch ein bisschen feldein besucht werden, und das innerhalb von 14 Tagen.

b An der Küste südlich des internationalen Flughafens Keflavik über zig Kilometer hin Lavafelder. 

c Blick von oben herab ...

d ... auf große Enten-Ansammlungen. Fast ohne Ausnahme Eiderenten (Somatera mollissima). Das Sommerkleid der Männchen ist ähnlich schlicht wie das der Weibchen. Hier und da aber zeugen ein paar weiße Flecke von der Frühjahrspracht. Die brütenden Weibchen liefern die berühmten Eiderdaunen, die ihnen von fleißigen Bäuerinnen aus dem Nest wegstibitzt werden, damit wir Menschen uns weich und warm betten können.


a Die Steilküste bei Hafnarberg südlich vom Flughaven Keflavik.

b Brütende Dreizehenmöwen (Larus tridactyla). Im Vordergrund eine diesjährige, als solche erkennbar an dem schwarzen Nackenband. Dreizehenmöwen leben auf dem Meer und kommen nur zum Brüten an Land.

c Keine Enten, sondern die Gryllteiste (Cepphus grylle). Wie die Lummen oder Papageitaucher ein Meeresvogel, der zu den Alken zählt.

d Etwas besonders ins Auge Fallendes: der Eistaucher (Gavia immer). Wolfsähnliches Heulen und tremolierend lachende Rufe machten auf ihn aufmerksam.


a, b Island, das Land aus Feuer und Eis. Feuer war gerade nicht angesagt, dafür Eis in Form gewaltiger Gletscher.  Hier am Myrdalsjökull. Das Eis ist von schwarzer Asche überzogen, die der benachbarte Vulkan Eyjafjallajökull 2010 ausgespuckt hatte. Durch seinen Husten war der Flugverkehr in ganz Europa lahmgelegt worden.

c, d Einhundert Kilometer entfernt dann der Vatnajökull. Alles viel sauberer, Weiß bis hin zum schönsten Eisblau.

e Noch einmal einhundert Kilometer weiter östlich der Jökulsárlón, ein Gletschersee, in den der Vatnajökull regelmäßig große Eismassen kalbt.

f Überall auf Island finden sich Steilabbrüche, an denen Wassermassen in die Tiefe stürzen. Die Vegetation wirkt dank der hohen Luftfeuchtigkeit fast tropisch. Nur eben, dass dafür die Temperaturen nicht stimmen.


a Häufig zu sehen die Echte Engelswurz mit dem klangvollen lateinischen Namen Angelica archangelica. Auf ihr in Massen Fliegen der Gattung Bibio (Märzfliege)  für die Angler das Ideal zum Fliegenfischen.

b Die Uferschnepfe brütet auf Island. Sie aber in so großer Anzahl beim Wurmen zu sehen, war ein Glücksfall.

c Heißer Bach in Nähe des Sees Thingvallavatn. Etwa 38 Grad sind es noch, fühlte sich aber an wie deren 40. Kurz oberhalb sprudeln Dampf und Wasser mit 250 Grad aus der Tiefe. Sie werden in dem Werk Nesjavellir zur Elektrizitätserzeugung genutzt. Ein Teil des Heißwassers strömt über dicke Rohre bis in die 50 Kilometer entfernte Hauptstadt Reykjavik.

d Nicht weit entfernt ein Wasserkraftwerk. 45 % der Elektroenergie verdankt Island dem Wasser, den gesamten Rest der Geothermie.


a Die Fähre kommt, um Menschen nach Hrisey zu holen, ein Inselchen im Norden des Landes am Eingang des Fjords Eyjafjördur.

b Hier siedeln Isländer, die nicht ahnen können, was Großstadt-Hektik bedeutet.

c Ein paar Kilometerchen durch wundervoll originale Heide gewandert, und dann ...

d ... ein Goldregenpfeifer (Pluvialis squatarola). Immerzu warnte er vor uns Eindringlingen mit einem flötenden "Tliiieee!", flog ein Stück weiter, holte zur Unterstützung seine Partnerin hinzu, und beide genossen das Schauspiel, das wir Menschen ihnen in ihrer Einsamkeit darboten.


a Das Huhn da, das sich in in die Heide drückt, war leicht zu übersehen:  ein Moorschneehuhn (Lagopus lagopus) im Sommerkleid.  Die weißen Flügelkanten erinnern an das schneeweiße Winterkleid.

b Ein kleiner See auf der Insel, wie er romantischer nicht aussehen könnte. Auffällig das Wollgras (Eriophorum angustifolium), wie es fast überall auf Island vorkommt.

c Ebenfalls häufig zu sehen, viel häufiger als bei uns: der Tannenwedel (Hippuris vulgaris). 

d Die Steilküste im Osten der Insel.


a Wie hüpft da das Herz des Vogelfreundes: Samtenten (Melanitta fusca). Diese Entenvögel sind individuell unterschiedlich gezeichnet. Den neckischen weißen Fleck in der Ohrgegend haben nicht alle zu bieten.

b Zweimal die Gattung Larus, die eine Species (vorn) mit dem Artnamen fuscus, deutsch Heringsmöwe, dahinter argentatus, die allbekannte Silbermöwe. Einen roten Fleck am Unterschnabel tragen beide Arten.

c  Natürlich leben auf Island auch Menschen, allerdings eben nur 330 000. So wie hier wohnt heutzutage keiner mehr. Eine museale Siedlung im Norden bei Saudarkrokur.

d Stattdessen wohnt man heutzutage so - alles säuberlich und unverbraucht, wie gerade erst hingestellt.


a An einer anderen Stelle harscher Steinstrand mit Treibholz und all diesen verdammten Abfällen, den die Nationen liefern, die sich über das Meer entsorgen.

b Sofort sieht es gemütlicher aus, nämlich dann, wenn Moose und Flechten ihr beschönigendes Werk tun.

c Hier fühlt sich der Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula) wohl.

d Und auch die kleine Weide tut das, die Kraut-Weide (Salix herbacea). "Der Kleinste unter allen Bäumen", wie Carl von Linné einst sagte. Auf Island gibt es viele weitere Zwergstraucharten, doch kaum irgendwo Bäume, wie wir sie gewohnt sind. Und wenn, dann gepflanzt und sorgsam behütet.

 

a Gleich neben dem Bäumchen Silene uniflora, das Klippen-Leimkraut. In solchen Biotopen überaus häufig.

Eine auffällig orangerot gefärbte (grönländische) Unterart des auch bei uns heimischen Steinschmätzers (Oenanthe oenanthe).

c Der mittelatlantische Rücken zeigt sich quer und schräg und längs durch Island hindurch als Grabenbruch, der demonstriert, wie die beiden großen Kontinentalplatten auseinanderweichen. Jährlich um zwei Zentimeter! Am Rand sind Basaltsäulen in die Tiefe gepurzelt.

Diese Röhren weisen in die Zivilisation. Heißes Wasser strömt aus den Hochtemperaturfeldern von Nesjavellir directement in die 50 Kilometer entfernte Hauptstadt (am Horizont zu erkennen). Reykjavik beherbergt ein Drittel der Gesamtbevölkerung Islands. Und hier, nur hier, gab es auch die bei uns typischen Schmierereien an den Wänden. Waren das womöglich deutsche Touristen?


a Die Shopping- und Spaziermeile. Schleierhaft, wieso hier "richtige" Bäume wachsen können.

b Womöglich der einzige Betonkopf auf Island. Soll vor seinesgleichen in Deutschlands Parteigefilden und Verwaltungen warnen?

 c Reykjavik wird dominiert von der Hallgrimsson-Kirche, dem Wahrzeichen der Stadt. 1945 war mit dem Bau begonnen worden, zur 200-Jahr-Feier 1986 wurde er eingeweiht.

d Blick von oben gen Norden.

e Direkt am Hafen das Konzert- und Konferenzhaus HARPA.

f Im Gebäude posieren wir für die selbstauslösende Kamera.