Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
Feuerland, Tierra del Fuego, eine Gruppe von Inseln an der Südspitze Südamerikas, in die sich Argentinien und Chile teilen. Schroffe Küsten und schneebedeckte Berge gibt es auch anderswo auf der Welt, hier aber verrät ein zweiter Blick die Besonderheit: keine Nadelbäume, stattdessen Laubbäume bis an die Schneegrenze. Es ist die Welt der Süd- oder Scheinbuchen – Bäume der Gattung Nothofagus, die sonst nur noch auf Neuseeland und in einigen anderen südlichen Gefilden anzutreffen sind. Es ist das ehemalige Gondwana-Land.
a Ushuaia, südlichste Stadt der Welt und Inselhauptstadt des argentinischen Teils von Feuerland.
b Ein Blick über den Beagle Channel hinweg zum chilenischen Teil.
c Genau an diesem Punkt ist die berühmte Panamericana, die Route 3, zu Ende. Beziehungsweise fängt sie an. Von Alaska führt sie bis nach Feuerland.
a Fast schon zu schön: ein Blick über den Beagle Channel. Im Vordergrund eine Lonicera-Art (Geißblatt, Lonicera brownii?). Hat sie hier ein natürliches Verbreitungsgebiet?
b Blätter der Schein- oder Südbuche Nothofagus antarctica. Die Verbreitung der Gattung Nothofagus vom Süden Südamerikas bis hin nach Neuseeland zeugt vom ehemaligen Gondwana, vor dessen Auseinandertriften die Gattung noch ein gemeinsames Verbreitungsgebiet hatte.
c Windgezauste Nothofagusbäume (Nothofagus dombeyi oder moorei?) über dem Lago Fagnano.
d Und ganz oben oben, das ist er, der Kondor! Zwei Arten gibt es, den Kalifornischen und den Anden-Kondor. Hier natürlich mit an die 3 Meter Flügelspannweite der Anden-Kondor (Vultur gryphus).
a Über- und überall wachsen auf Nothofagus Misteln.
b Auf Südbuchen ebenfalls oft zu sehen ist ein anderer Parasit, der Pilz Cyttaria darwini. Sicher aus triftigem Grunde wird er Indianerbrot genannt. Allerdings ist der Pilz fast ohne Geschmack.
c Die Hunde-Orchidee (Codonorchis lessonii), in den auwaldartigen Teilen fast so häufig wie bei uns die Buschwindröschen.
d Gray-hooded Sierra Finch (Phrygilus gayi), übersetzt angeblich "Kordillerenämmerling".
a Zahm wie Hausgänse: die Hochlandgans (Chloephaga picta). Der Ganter weiß, die Gans braun.
b Eine enge, aber seltenere Verwandte ist die Rotkopfgans Chloephaga rubidiceps.
c Liegt im Wasser wie ein Dampfschiff und heißt auch so: die (Weißkopf-) Dampfschiffente Tachyeres leucocephalus. Obwohl flugunfähig, ist sie durchaus nicht scheu. So wie alle Tiere auf Feuerland.
d Gerade noch rannte der Anden-Schakal ("Colpeo-Fuchs") vor uns über die Straße.
a Die Chile-Pfeifente (Anas sibilatrix) ist besonders attraktiv.
b Viel zierlicher gebaut ist die Spitzschwanzente Anas georgica.
c So schön ist er, wie sein deutscher Name hässlich klingt: der Sporntyrann (Lessonia rufa).
d Kibitze wirken immer sehr heausgeputzt, so der Vanellus chilensis.
a Prachtvoll rot das Männchen, schlicht braun das Weibchen des Langschwanzstärlings (Sturnella loyca).
b Oft zu sehen, der zu den Geierfalken zählende Schopfkarakara (Caracara plancus).
c Die Olivenscharbe (Phalacrocorax olivaceus) ist von Panama bis Feuerland verbreitet.
d Anders die Felsenscharbe Phalacrocorax magellanicus, am ehesten noch auf Feuerland zu sehen.
Von Ushuaja aus fahren die Kreuzschiffe unter anderem in Richtung Antarktis und zu den Südatlantischen Inseln. So auch über die Weihnachts- und Neujahrszeit unsere „L’Austral“. Von einer französischen Reederei wurde sie kürzlich in den Dienst gestellt.