Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
Während die Nordamerikaner ihren Herbst als „Indian Summer" verkaufen, haben wir Europäer mit der dritten Jahreszeit ein Problem. Sicher nicht, weil hierzulande das Rot des Zuckerahorns fehlt, das die amerikanischen Wälder so werbewirksam auszumalen weiß. Eher fehlt es uns an der Lust, im Sterben etwas Schönes zu sehen, nämlich wenn sich das Zeitliche anschickt, die Blätter altern zu lassen, ihnen zuerst das Grün zu nehmen und dann das Leben. Moribunde Schönheit, auch und gerade in der Schärenlandschaft Schwedens.
a Birkenblätter. Das Chlorophyll wird abgebaut und die gelblichen Carotinoide und deren Abkömmlinge, die Xanthophylle, bleiben übrig. Wenn dann das Braun des vom Magnesium befreiten Chlorophylls (Phaeophytine) und das von oxidierten Gerbsäuren die Vorherrschaft übernimmt, ist das Blatt mausetot.
b Die Blätter der Eiche sterben im Herbst ebenfalls ab, bleiben aber oft bis zum neuen Blattaustrieb im Frühjahr am Baum haften.
c Maler sind begeistert, aber auch jeder andere Mensch muss es sein, wenn er denn erst mal in der Farbenvielfalt des Herbstes Schönheit entdeckt.
d Typische Schärenlandschaft in der Nähe Stockholms. Nicht etwa ein Binnensee, nein die Ostsee ist es! Das Wasser schmeckt wie lasch gesalzene Nudelbrühe.
a So idyllisch wie hier geht es in den Schären zu. Der Wachholder ist eine der Charakterpflanzen.
b Schwedens Schloss inmitten der Altstadt Stockholms, innen weit schöner als außen, allzumal das Inventar.
c Was wäre Stockholm ohne Alfred Nobel? Nitroglyzerin war auf dem Transportweg ausgelaufen und von der Kieselgur aufgesaugt worden, wie sie zur Dämpfung der Transportgefäße verwendet wurde. Beides zusammen ergibt eine teigige Masse, die weit sicherer zu transportieren ist als das reine Nitroglycerin. Damit war das Dynamit erfunden. Es machte Nobel extrem reich. Nicht jedoch seine Arbeiter, auf die die Entdeckung zurückgeht. So reich machte das Dynamit seinen angeblichen Erfinder, dass er sich leisten konnte, von den Zinsen seines riesigen Vermögens einen Preis zu stiften.
d Im Nobel-Museum Stockholms (ganz rechts, wird gerade von einer Touristin fotografiert, die anonym bleiben möchte) erfährt man dazu mehr. Allerdings nichts über Nobels Transportarbeiter, auf die der Zufallsfund zurückgeht.
a Im Rathaus Stockholms wird seit 1901 der berühmte Preis an die Laureaten der Chemie, Physik, "Physiologie oder Medizin" sowie für jene der Literatur und für "Friedensbemühungen" verliehen. Der Peis für die Wirtschaftswissenschaften wird seit 1968 von der schwedischen Reichsbank verliehen, kein eigentlicher Nobelpreis also.
b Hernach findet im Festsaal das Bankett statt. Jeweils etwa 1300 Gäste sind geladen.
c Auf die, die keinen Nobelpreis abbekommen, lauert im Laden des Rathauses der Andenken-Kitsch.
d Wer als Nächster mit dem Nobelpreis für "Physiologie oder Medizin" auszuzeichnen ist, wird hier im Karolinska-Institut ausgehandelt, an der Medizischen Universität im Nordwesten Stockholms.
a Der Tyresta-Nationalpark, 20 km von Stockholm entfernt. Er ist so durchfeuchtet, dass dicke Polster aus Moosen und Flechten den Charakter prägen.
b Das tiefe, giftige Grün ist echt, unter anderem von Torfmoosen herrührend.
c Der Tüpfelfarn, auch Engelsüß genannt (Polypodium vulgare), von oben ...
d ... und von unten. Auffällig die Sporenbehälter, die an der Blattoberseite für die charakteristischen Tüpfel sorgen.
a Kein Farn, sondern das Etagenmoos (Hylocomium splendens).
b Pilze in Massen.
c Die Kuppelförmige Rentierflechte (Cladonia stellaris) bildet häufig Massenbestände aus.
d Die Ebenästige Rentierflechte (Cladonia portentosa) wächst ebenfalls oft flächendeckend.
a Auch eine Cladonia-Art, eine Trompetenflechte mit vielen, schwer zu unterscheidenden Schwestern. Also, wie in allen Fällen der Artenunkenntnis: "spec.", "Cladonia spec.".
b Nichts Besonderes, so scheint es: die Gewöhnliche Schwielenflechte Phaeophyscea orbicularis. Sollte sie es tatsächlich sein, dann ist sie auch bei uns in Deutschland häufig, oft sogar dort, wo wegen erheblicher Schadstoffbelastung andere Flechtenarten nicht wachsen können.
c Selbst auf den kleinsten Inseln in der Schärenlandschaft findet man ein Haus, fast immer ein Holzhaus. Und rotbraun.
d Auch dann, wenn man glaubt, mit sich und Schwedens Natur endlich allein zu sein, steht hinterm nächsten Baum gewissiglich ein Haus.
a Dennoch ist Schweden dünn besiedelt. Aller zwei, drei Straßenkilometer warnt ein Schild vor Elchen, für den Elchtest aber fehlt es an Tieren. Begeisterte Jäger sorgen dafür.
b Auch dafür, dass man am Himmel kaum einmal einen größeren Vogel sieht. Wer dort Bussarde sucht oder Milane, Weihen oder Falken, der muss schon nach Deutschland fahren.
c Es sei denn, er hat Glück, so wie wir ein Raufußbussard (Buteo lagopus). Gelegentlich trifft man ihn als Überwinterungsgast bei uns in Deutschland an.
d Der Singschwan (Cygnus cygnus) ist bei uns ebenfalls nur im Winter da. Hier aber in Schweden brütet er die schlicht grau gefärbten Jungen sprechen dafür. Die Alten sind durch das Gelb am Schnabel leicht vom Höckerschwan zu unterscheiden.